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Autor Thema: Die Stille Straße und die Grabkammer der Könige  (Gelesen 6035 mal)

Thorondor the Eagle

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Elea, Beregond, Doréal und einige Soldaten von der Zitadelle


Sie folgten der ummauerten Straßen ein Stück, bis sie eine Ahnenhalle erreichten. Es war keine Grabstätte im eigenen Sinn, nur eine auf Säulengestützte Halle an deren Wände die heroische Geschichte Gondors erzählt wurde.
„Kommt herein, setzt euch“, forderte sie Doréal auf.
„Hier wollen wir bleiben? Es ist wohl kaum ehrenhaft in diesen alten Hallen herumzulungern, nein ganz im Gegenteil. Schande wird an uns haften.“
Doreál schaute sie mit erschöpften Augen an: „Großzügig und Hilfsbereit priesen sich unsere Vorfahren; Was wären es für Könige, wenn sie uns nicht in Zeiten der Not, ihr Heim als Unterschlupf anbieten würden.“
Widerspruchslos lehnte sich Elea an die Wand und lies sich auf den Boden gleiten.

Die Aufregung die ihr eben noch in den Knochen gesteckt hat legte sich und eine beklemmende Ruhe überkam Elea; es war das erste Mal in den vergangenen Tagen.

Was steht uns nur bevor in den folgenden Jahren? Das Volk von Gondor ist zerrissen und schwächer denn je. Immerhin haben wir Sauron aus der Stadt verbannt. Ist dies der Funken Hoffnung, den das ganze Land, ganz Mittelerde braucht? Wie soll es nur weitergehen?

Die Gedanken hielten Elea noch lange wach, doch irgendwann am späten Vormittag erlag sie ihrer Erschöpfung. Es war ein traumloser, dunkler Schlaf. Keines ihrer Glieder mochte sich freiwillig bewegen, also wachte sie nach nur wenigen Stunden Schlaf in ebendieser Position wieder auf. Ihre Gelenke schmerzten, ihre Haut war mit dunkelroten, ausgetrockneten Blutflecken übersät und ihr Magen knurrte unermesslich laut.

„Konntet ihr ein wenig schlafen?“, fragte Doreál sie und sah mit seinen treuen Augen in die ihren.
Elea nickte flüchtig.
„Habt ihr Durst? Dort hinten ist eine Quelle, ich kann euch hinbringen“, bot er an.
Die Frau streckte ihm die schlaffe Hand entgegen um sich aufhelfen zu lassen.
„Wollt ihr euch an mir festhalten?“
„Nein, es geht schon. Es muss einfach gehen.“

Langsam torkelte die Dunedain die stille Straße entlang in Richtung Mindolluin. Der Soldat lief unentwegt neben ihr her. Nach einer kurzen Wegstrecke offenbarte sich ihnen ein kleines Rinnsal, aus dem Elea genüsslich einige Schluck zu sich nahm und mit dem eiskalten Wasser die verunreinigte Haut wusch. Das kühle Nass linderte auch ein wenig die Gelenkschmerzen und sie erwachte aus ihrem Erschöpfungszustand.
„Doreál!“, begann sie auf dem Rückweg plötzlich zu sprechen, schaute dabei aber auf den Boden „Danke; danke dass du uns geholfen hast und mich gerettet hast.“
„Habe ich gerne gemacht. Ich schäme mich, dass ich anfänglich gezögert habe“, gab er demütig zur Antwort.
„Das brauchst du nicht. Unsere Absichten waren dieselben und es ging alles gut aus.“

Die beiden passierten einen massiven Erker, der sich von der sonst glatten Mauer auf ihrer rechten Seite, hervorhob.  Eine dunkle Holztür blockierte den Zugang in die Halle dahinter. Links und rechts davon waren kantige Halbsäulen geschmückt mit Ornamenten und gekrönt mit Kapitellen.

„Ist dies…“, begann Elea und der Soldat fiel ihr sofort ins Wort „Ja. Das ist das Portal zu den Grabkammern der Könige.“
„Merkwürdig hier zu stehen, an diesem gesegneten Ort.“
„Doch ihr tut Recht, hier zu stehen. Immerhin sind dies eure Vorfahren.“
„Ja, das sind sie“, sagte Elea und ihr wurde bewusst, dass auch sie, obwohl sie sich nie so fühlte, eine Tochter von Königen war. Es machte ihr Angst und gleichzeitig auch Mut. Sie bekam eine Gänsehaut bei dem Gedanken.
„Lass uns gehen“, sagte sie hastig und packte den Soldaten am Arm. Schleunigst suchte sie den alten Platz auf und versorgte sich mit Essen, das die Soldaten mitgebracht hatten. Als die Abenddämmerung hereinbrach, legten sich die meisten zur Ruhe. Nur Fen Hollen wurde von vier wachsamen Augen beschattet.
« Letzte Änderung: 19. Feb 2016, 13:36 von Fine »
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Thorondor the Eagle

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Re:Die Stille Straße und die Grabkammer der Könige
« Antwort #1 am: 15. Nov 2011, 21:41 »
Es war Elea nicht möglich in dieser Nacht einzuschlafen. Stunde um Stunde lag sie flach auf dem Boden und befahl sich ihre Gedanken abzustellen und endlich den heutigen Tag loszulassen, doch ihre Gedanken waren widerspenstig.

Sie stand auf und Hüllte sich in den Mantel eines Soldaten. Die weiße Straße schimmerte matt im kalten Mondlicht, doch sie folgte ihr in Richtung Ausgang.
„Herrin!“, überraschte sie die Stimme der Wächter.
„Wir sitzen hier. In Sicherheit während auf der anderen Seite das Chaos herrscht. Unsere Freunde erschlagen sich vielleicht gegenseitig oder der Feind ist längst zurück und wir sitzen hier. Wisst ihr was dort draußen vor sich geht?“
„Es ist gefährlich da draußen“, entgegnete er stur.
„Ich möchte nur einen Blick riskieren. Nichts weiter.“
„Wir können uns nicht leisten noch ein Risiko einzugehen. Herrin, ich bitte euch, geht zurück; ruht euch aus.“

Elea wusste, dass er sie nicht aufhalten würde, wenn sie Fen Hollen öffnen würde, aber sie sah den flehenden Blick des jungen Soldaten und gab ihm nach. Wortlos drehte sie sich um und ging. Vor dem Lagerplatz stockte sie. Ihr Blick wanderte weiter die Straße entlang und am Ende entdeckte sie den schwachen Schein der Fackeln vor den Grabkammern der Könige.

Meine Ahnen? Meine Vorfahren? Die altvorderen Könige von Gondor, Arnor und vormals noch Numenor. „Und die Herren des Westens kamen zu ihnen und belohnten sie. Sie lehrten sie Weisheit und Macht und segneten sie mit einem langen Leben; das Blut Numenors; die Könige der Menschen…“

Noch ehe sie weiter in der Geschichte versank, haben ihre Füße Elea schon zu der massiven Holztür geführt. Sie erschien ihr viel größer und dunkler als am Tag zuvor. Mit der Hand strich sie über das alte und doch noch stabile Holz.
„Wollt ihr hineingehen?“, stotterte eine Stimme von hinten. Elea zuckte vor Schreck zusammen und suchte mit ihrem Blick die Umgebung ab. Aus dem Schatten näherte sich ein alter Mann. Er ging etwas gebückt und hatte einen buschigen Bart. Seine Kleider waren edel, jedoch alt und begannen schon zu vermodern.
„Ihr habt mich erschreckt“, entgegnete sie etwas forsch „Warum schlaft ihr nicht?“
„Weil es meine Aufgabe ist, diese Hallen zu Bewachen.“
Sie sah in misstrauisch an, während sich ein langes Schweigen zwischen sie legte.
„Ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet Herrin: Möchtet ihr hineingehen?“, fragte er nochmal höflich.
Elea nickte zaghaft. Der Alte begann an seinem Hals herum zu zupfen und kramte einen an einer Kette hängenden Schlüssel hervor. Das klicken rief einen Schauer in Elea hervor und das Knarren der Tür beunruhigte sie ein wenig. Doch am meisten schauderte ihr der Geruch. Sie roch Rückstände von scharfen Salben, heilenden Kräutern und kaltem Wachs.

„Es ist merkwürdig, wenn man das erste Mal die Hallen betritt. Aber denkt daran, niemand hier hat eher das Recht sie zu betreten als ihr“, sagte er und versuchte dabei ein nettes Grinsen auf seinen faltigen Mund zu legen.

Elea nahm die Fackel aus der Halterung und betrat den Raum. Es war eine weitläufige Halle die in den Berg gehauen wurde. Zur linken und rechten standen mannshohe Steinstatuen unter elbisch verzierten Rundbögen. Sie waren solid und ihre Blicke waren finster. Es dauerte gar nicht lange, ehe ein silbernes Schmuckstück den Schein des Feuers reflektierte. Neugierig näherte sie sich dem Gegenstand.

Ehrfurcht überkam die Dunedain, als sie auf das steinerne Gesicht Earnils starrte. Sein Ausdruck strahlte eine gewisse Gutmütigkeit aus, auch wenn er sie unter seiner strengen Miene verbergen wollte. Die Nische in der die Statue stand war mit Sichelmonden und Sonnen verziert und vor ihm lag thronend und glänzend die Königskrone von Gondor. Genau an derselben Stelle an der sie sein Sohn beinahe 1000 Jahre zuvor zurück gelassen hatte.

Die Augen Elea’s hafteten an das Königsinsigne. Aus Respekt kniete sie davor nieder. Zunächst fixierte sie noch die glänzende Oberfläche, doch dann verlor sich ihr Blick ins Leere. Zaghaft begann sie eine Melodie zu summen.

Schließlich formten sich zunächst zischende und dann klare Worte auf ihren Lippen:

„Kraftvoll und Stolz des Königs Haus war - Die Bindung der Völker untrennbar.
Die langen Jahre nur Unheil behaft‘ - die Linie der Herren dahingerafft.
Hoch oben im Licht ein Antlitz in Ehr‘ - Wartet der Thron auf die Wiederkehr.
Die Erben des Westens im hohen Mut, - minder und schwach wurde ihr Blut.
Ein Dunkel umhüllt die Stadt der Wacht, -“

„ - bis ein König Ehrfurcht und Liebe gebracht“, setzte eine männliche Stimme ein.

Erschrocken blickte Elea wieder nach hinten. In der Tür erkannte sie die schemenhaften Umrisse des Türhüters.
„Ein wahrhaft schönes Lied aus alter Zeit“, sagte er leise „Wusstet ihr, dass die Könige Numenors nicht zwischen Mann und Frau unterschieden haben? Es saßen durchaus starke und mächtige Königinnen auf dem Thron von Westernis.“
„Ja ich weiß. Kein Schicksal, dass ich mir wünschen würde“, entgegnete sie bestimmt. Wortlos ging sie an dem alten vorbei und verlies die Grabkammer.
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Thorondor the Eagle

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Re:Die Stille Straße und die Grabkammer der Könige
« Antwort #2 am: 22. Nov 2011, 22:37 »
Überzeugt von ihrer Antwort begab sie sich wieder zurück zu den Schlafenden. Diese Nacht fand Elea keine angenehme Ruhe. Sie schlief gerade genug um die Strapazen des Vortages zu verarbeiten. Der Schmerz in ihrem Bewegungsapparat hatte deutlich nachgelassen. Die letzten drei Tage in denen sie nur wenig marschiert war und sich erholt hatte zeigten Wirkung.

Es war ein nebelgrauer Morgen der die Dunedain aufweckte. Ein weiteres Mal blickte sie in die vertrauten Augen Doreals, dessen fürsorgliche Gesten Elea vermuten ließen, dass seine Zuneigung über Freundschaft hinausging. Wieder spazierten sie langsam die Stille Straße entlang; vom Tor bis zum Anstieg des Berges und wieder retour. Erneut setzten sie sich zu Speis und Trank zusammen. Immer noch debattierten sie über die Zukunft der Stadt und die Auseinandersetzungen der letzten Tage.

„Ich denke, es ist an der Zeit unser Versteck zu verlassen!“, sagte sie zaghaft und verschluckte die letzten Silben dabei.
„Was sagtet ihr?“, fragte Beregond.
„Lasst uns hinaus gehen!“
„Nein, es ist zu gefährlich. Wer weiß, was dort draußen vor sich geht. Vielleicht warten sie mit Holzprügel auf uns, um uns die Köpfe einzuschlagen“, gab ein weiterer Soldat zur Antwort.

Die Frau wurde zornig als sie diese Worte hörte. Sie dachte immer nur an die eintönigen, nichtsnutzigen Tage, die sie hier verbracht hatte.
„Vielleicht, vielleicht… immer nur vielleicht. Seit drei Tagen sitzen wir hier wie auf Nadeln und vermuten über all das, was da draußen passiert. Ich komme mir vor, als säße ich in einer dunklen Höhle und prophezeie das Wetter.  Lasst uns raus gehen, lasst uns sehen was sich in den letzten Tagen verändert hat. Wie viele Opfer es gab und wie viele Überlebende. Es gibt so vieles zu tun, so viele zu überzeugen, das Volk wieder zu vereinen. Doch wie wollen wir das machen, wenn wir hier sitzen und über Theorien sprechen“, sagte Elea und die Leidenschaft beflügelten ihre Worte.
„Ihr seid wahrhafte eine Dunedain. Seid bereit euer Leben zu geben für das da draußen“, antwortete einer und deutete in Richtung Stadt „aber ihr wisst nicht was wir schon durchgemacht haben. Welche Opfer wir dafür gebracht haben. Sollen wir unser Leben auch noch sinnlos riskieren?“
„Wir sind alle nur Menschen, deren Zeit irgendwann vorüber ist. Hier zu sitzen und nichts zu tun, das ist sinnlos. Wenn ich da hinaus gehe und zumindest alles versuche, was in meiner Macht steht, so war ich wenigstens nicht nutzlos im Leben. Seht euch um. Schaut auf die Bilder, auf die Statuen… denkt ihr diese Männer waren tatenlos?“
„Dies sind mächtige Könige…“, antwortete der Soldat, doch sie unterbrach ihn abrupt:
„Und auch sie hatten ihre Soldaten. Ein König kann keine Armee besiegen, Ein König kann keine Stadt erbauen, Ein König kann kein ganzes Land bewirtschaften,… Wir alle sind zu mehr fähig, als Ein König auch nur im Entferntesten ausrichten könnte. Er ist derjenige, der alle vereint und zusammenhält und mehr nicht.“
„Für unseren König?“, fragte Beregond.
„Für unseren König! Für Aragorn“, entgegnete Elea und erhob sich dabei.
Beregond tat es ihr gleich und nach ihm auch noch andere. Nacheinander standen sie auf und nahmen ihr Hab und Gut. Legten ihre Rüstungen an und marschierten zu Fen Hollen.

Ein kühler Wind kam von Süden herauf und noch bevor die Worte „Öffnet das Tor!“ erklangen, setzte ein heftiger Frühlingsschauer ein.

Beregond, Doreal, Elea und einige Soldaten auf dem Pelennor zur Ehrung der Toten...
« Letzte Änderung: 7. Dez 2011, 22:19 von Thorondor the Eagle »
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