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Autor Thema: Kurzgeschichte - Gotham  (Gelesen 2992 mal)

Karottensaft

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Kurzgeschichte - Gotham
« am: 11. Nov 2009, 20:20 »
Die Geschichte spiegelt nicht die Meinung/Einstellung/Gesinnung des Verfassers dar, sondern die des Ich-Erzählers.
Ein heranwachsender Massenmörder aus Gotham.

Teil 1

Solange ich denken kann, war ich mir meiner selbst bewusst. Eine Art Selbstwahrnehmung. Offensichtlich. Ihr wisst schon. Man ist einfach da. Oder besser gesagt, man ist einfach. Glaube ich. Mein Vater sagte immer, von meiner Geburt an sei ich ein Schandfleck gewesen. „Taugenichts Eustace“ nannte er mich immer. Ich weis nicht recht, fühle ich mich schuldig, weil ich hier war oder dafür, dass ich überhaupt auf der Welt war? Wer weiss...?

Ich komme mir tot vor. Ohne die Leute, die beim Job um mich herum sind, würde ich sicher davon treiben oder zu Staub zerfallen. Mein Körper nimmt eindeutig eine Position zwischen „Mir“ und der Welt ein. Er ist der Kern und Brennpunkt meiner Welt. Ich versuche ständig mein inneres ich abzukoppeln und mein sein zu einem nicht-sein aufzulösen. Zu nichts zu werden. Da ich ein niemand bin, muss ich nichts sein. Keine Leidenschaften, keine Freunde. Kenne niemanden und niemand kennt mich. Verstecke mich hinter meinem Spiegelbild während ich mein inneres Gefüge zerlege. Ganz gleich, wie schmerzhaft das Bewusstsein meiner selbst war, ich konnte immer den Unterschied zwischen „Niemand“ und „Niemand“ erkennen. Die Abwesenheit des Ichs ist eine Sache. Und eine andere ist die Abwesenheit der Hülle, die es enthält. Reinste Ironie, dass der Körper die Seele enthalten muss, damit man bewusst daran arbeiten kann, sie zu zerstören. Dekadenz auf schönster und anmutigster Ebene. Verfall auf elegantem Niveau. Ein makelloses Niveau.
Mein Job,  Schlächter.  Wie Traurig, dass diese Tiere niemals die Langwierigkeit, das Leid und die Freude des allmählichen Zerfalls von Körper und ich kennen werden . Man nimmt ihnen eine der köstlicheren Erfahrungen des Lebens. Wie traurig. Glaube ich. Wohin fließt das ganze Blut? Liter müssen täglich zwischen diesen Brettern versickern. Vorbei am Holz, den Rohren – in die Erde. Ob es wohl die Seelen der Tiere mitnimmt? Hier draußen ist es nicht anders. Das Blut fließt in so stetem Strom, dass es die Straßen sättigt wie Regen einen Trockenen Schwamm. Vielleicht mag ich Gotham deshalb so. Liebe ich diesen Stadtteil so sehr. Als liefen die toten Seelen und verfallenen Gebäude in diesem Viertel zusammen. Hier gibt es keine Beschützer. Selbst der sogenannte „Batman“ ist nur ein zerfallener Geist, dem man hier genausowenig Beachtung schenkt wie auf einem Friedhof. Und mich beachtet man erst recht nicht.
Ich gehe in ein Geschäft, „Verzeihung. Wird mich diese Marke besser kaputtmanchen als die anderen?“ – „Ich bediene hier nur, Kumpel“, ist alles was ich zuhören bekomme. „He! Nochmal lass ich diese Scheiße nicht durchgehen!“ „Ach ja? Dann will ich dir mal was sagen!“ Ein Gespräch das ich zuhören bekomme als ich den Laden verlasse.
Sah die Waffe nicht, habe aber tief in mir fast damit gerechnet. Sie ist zu üblichen Pointe eines jeden Streitgesprächs geworden. Trotzdem ist ihr Geräusch wie ein Faustschlag durchs Herz. Fast elektrisierend. Meine Arme werden taub. Ich schlachte sterbliche Geschöpfe zum Lebensunterhalt. Und doch fühle ich mich dazu berechtigt. Aber das ...


« Letzte Änderung: 11. Nov 2009, 20:29 von Karottensaft »